
Die psychologische Forschung hat schon vor einer Weile festgestellt, dass Menschen, die die Gefühlslage anderer Menschen gut einschätzten können, es im Leben oft leichter haben.
Sie lösen öfter Konflikte, sind zufriedener in ihren Beziehungen und sind leistungsfähiger. Sie sind in Verhandlungen geschickt und damit auch oft in der Arbeit besser und zufriedener.
Doch wer kann die Gefühle von anderen, fremden Menschen besser interpretieren? Sind es Menschen, die allgemein als empathisch bezeichnet werden und damit mehr auf ihre Gefühle hören? Oder sind es Menschen, die eher rational denken und andere Personen systematisch einschätzen?
Dieser Frage gingen Christine Ma-Kellams von der La Verne University und Jennifer Lerner von der Harvard University in vier empirischen Studien nach.
Die alte Frage: Herz oder Kopf?
Wer denkt ihr ist „erfolgreicher"?
Die ForscherInnen Ma-Kellams und Lernen wollten herausfinden, ob man sich die Gefühlslage anderer, besser durch Empathie oder durch Rationalität erschließen kann. Dazu führten sie vier Studien an Stichproben mit jeweils bis zu 400 ProbandInnen durch.
Alle vier Studien kamen zu dem gleichen Ergebnis:
Egal von welcher Seite und auf welche Art die Frage untersucht wurde, konnten diejenigen ProbandInnen die rationaler und in ihren Überlegungen analytischer und systematischer vorgingen, überdeutlich oft ihr Gegenüber emotional besser einschätzen als die Gruppe der Empathischen.
Diese Ergebnisse zeigten sich sogar dann, wenn die ProbandInnen sich lediglich in eine analytische Situation hineinversetzten sollten.
Wie kann das aber sein, wo man doch allgemein vermuten würde, es wären hier die empathischen Personen klar im Vorteil?
Die ForscherInnen haben dazu eine These, die allerdings noch nicht wissenschaftlich überprüft wurde:
Sie argumentieren, dass wir in unserem Alltag oft damit konfrontiert sind, die Gefühle von uns nahestehenden Personen einzuschätzen. Hier kann es durchaus von Vorteil sein, wenn man sich auf seine Intuition verlässt, die auf vorherigen Erfahrungen und Wissen über diese Person basiert.
Anders sieht es hingegen aus, wenn wir jemanden in seinem/ihrem emotionalen Erleben einschätzen sollen, den/die wir überhaupt nicht kennen. Hier greifen wir dann zwar auch auf unsere Intuition zurück, liegen damit aber manchmal weiter daneben, als wenn wir es analytischer angehen würden.
Hättet ihr diese Ergebnis vorausgesehen und könnt ihr sie nachvollziehen?
Euer Praxis Team
Quelle: Ma-Kellams, C., & Lerner, J. (2016). Trust your gut or think carefully? Examining whether an intuitive, versus a systematic, mode of thought produces greater empathic accuracy. Journal of Personality and Social Psychology, 111, 674-685.
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